Bei einer Schilddrüsenüberfunktion produziert die Schilddrüse zu viel von den Schilddrüsenhormonen T3 (Thyroxin) und T4 (Trijodthyronin). Die Schilddrüse ist also überaktiv. Da das Miniorgan den Stoffwechsel des Körpers steuert, wird auch dieser massiv beschleunigt und das sorgt für die typischen Anzeichen einer Schilddrüsenüberfunktion. Welche Anzeichen das sind und wie man sie behandeln kann, erfahren wir im Gespräch mit einem Schilddrüsenexperten.
Wir fragen beim Experten nach.
Interview mit Dr. Wolfgang Köhler, Facharzt für Nuklearmedizin
>> Durch welche Krankheiten kann eine Schilddrüsenüberfunktion verursacht werden und wie behandelt man sie?
Dr. Wolfgang Köhler: Es gibt vielfältige Ursachen für eine Überfunktion der Schilddrüse, über 90 Prozent der Fälle werden allerdings durch Morbus Basedow (auch als Basedowsche Erkrankung bekannt) oder durch eine Autonomie verursacht:
- Die Basedowsche Krankheit ist eine Autoimmunerkrankung, wobei das Immunsystem hier Abwehrstoffe gegen körpereigenes Gewebe produziert. Im Falle der Schilddrüse wird der TSH Rezeptor angegriffen und die Schilddrüsenzellen bilden vermehrt Hormone. Die Krankheit tritt verstärkt zwischen dem 20. und 40. Lebensjahr auf, Frauen sind besonders häufig davon betroffen.
- Eine funktionelle Autonomie bedeutet, dass Teile der Schilddrüse (oder die gesamte Schilddrüse) selbstständig Hormone produzieren, die wiederum den gesamten Kreislauf durcheinanderbringen, da sie nicht mehr durch die Hirnanhangdrüse gesteuert werden. Hiervon sind vor allem ältere Menschen betroffen.
>> Wie erkenne ich eine Überfunktion? Was sind die Symptome einer Schilddrüsenüberfunktion?
Dr. Wolfgang Köhler: Bei einer Überfunktion der Schilddrüse sind die Anzeichen klarer als bei einer Unterfunktion. Da die Symptome meist heftiger sind, lässt sich eine Überfunktion auch schneller erkennen:
- starkes Schwitzen
- Gewichtsabnahme
- schneller Puls
- erhöhter Blutdruck, zittrige Unruhe
- Schlaflosigkeit, Konzentrationsstörungen
- Verdauungsstörungen, Durchfall
>> Welche Untersuchungen werden gemacht, um eine Überfunktion der Schilddrüse festzustellen?
Dr. Wolfgang Köhler: Im ersten Schritt werden die für die Schilddrüse relevanten Werte über das Blut untersucht, in erster Linie der TSH Wert und die beiden Schilddrüsenhormone T3 und T4. Der TSH Wert ist der erste Faktor, der sich verändert, er sinkt bei einer Überfunktion ab. Erst dann zeigen im Normalfall der T3 sowie der T4 Wert erhöhte Werte. Mit weiteren Untersuchungen wird die verursachende Krankheit diagnostiziert. Hierbei kommen Ultraschall bzw. weiters die Schilddrüsenszintigrafie zum Einsatz.
>> Wie kann eine Überfunktion der Schilddrüse behandelt werden?
Dr. Wolfgang Köhler: Die Auswahl der Behandlung hängt von der verursachenden Krankheit sowie von der Stärke der Überfunktion ab. Ist es eine stressbedingte und leichte Überfunktion, können möglicherweise eine Veränderung der Lebensumstände sowie Ernährung eine Verbesserung bewirken.
Grundsätzlich wird eine Überfunktion mit Medikamenten behandelt, welche die Schilddrüse bremsen. Dies ist allerdings nicht lebenslang, sondern maximal an die zwei Jahre sinnvoll. Wird die Überfunktion bis dahin nicht unter Kontrolle gebracht, braucht es eine andere Lösung.
Und dafür gibt es mehrere Therapieansätze:
- Operation: Teil- oder gesamte Entfernung der Schilddrüse. Das ist abhängig von der Ursache. Bei der Basedowschen Erkrankung wird eine komplette Entfernung durchgeführt, bei einer Autonomie hingegen nur der verursachende Gewebeteil. Nach einer Operation ist meist die Einnahme eines Schilddrüsenhormons notwendig.
- Radiojodtherapie: Diese wird hauptsächlich dann eingesetzt, wenn die Ursache beispielsweise in der Basedowschen Krankheit oder in heißen Knoten zu finden ist. Dabei werden zielgerichtet jene Zellen zerstört, die zu viele Schilddrüsenhormone produzieren. Die Radiojodtherapie kann anstatt einer Operation eingesetzt werden.
- Thermoablation: Hierbei werden Schilddrüsenknoten gezielt verödet. Auch diese Therapieform kann anstatt einer Operation eingesetzt werden.
>> Viele Patienten suchen alternative Zugänge zu herkömmlichen Schilddrüsenbehandlungen. Was kann ich hier tun, auch vorbeugend?
Dr. Wolfgang Köhler: Das kann ich aus meiner täglichen Arbeit nur bestätigen. Wir setzen in unserer Praxis auf ganzheitliche und kombinierte Therapieformen, da wir damit die besten Behandlungserfolge erzielen. Und dazu gehören auch ergänzende Mikronährstoffe.
- Besonders Vitamin C, A und Selen sind wesentlich für eine gesunde Schilddrüse.
- Jodreiche Ernährung sollte vermieden werden (jodhaltiges Salz, Meeresfische usw.).
- Stressfaktoren bewusst machen und reduzieren.
- Kaffee und Alkohol sind zusätzliche Stressfaktoren für das Nervensystem und sollten idealerweise weggelassen werden.