Bei einer Schilddrüsenunterfunktion werden von der Schilddrüse weniger Hormone produziert, als der Körper benötigt. In der Folge treten verschiedenste Symptome auf, die jedoch relativ unspezifisch sind. Genau das macht es auch so schwierig bzw. genau deshalb wird eine Unterfunktion oftmals spät erkannt. Zu Beginn treten außerdem oft nur geringe Beschwerden auf. Welche Anzeichen können also auf eine Schilddrüsenunterfunktion hindeuten? Wie werden sie diagnostiziert und behandelt?
Wir fragen beim Experten nach.
Interview mit Dr. Wolfgang Köhler, Facharzt für Nuklearmedizin
>> Welche möglichen Ursachen hat eine Unterfunktion und wie kann sie behandelt werden?
Dr. Wolfgang Köhler: Grundsätzlich unterscheiden wir zwischen einer künstlich hervorgerufenen Unterfunktion (etwa durch einen operierten Kropf) und einer körperlichen Erkrankung durch eine Funktionsstörung der Schilddrüse selbst bzw. einer gestörten Hormonproduktion. In seltenen Fällen ist eine Schilddrüsenunterfunktion angeboren. Bei Neugeborenen wird deshalb auch in den ersten Lebenstagen ein Bluttest gemacht, um neben anderen Stoffwechselerkrankungen auch eine Unterfunktion frühzeitig zu erkennen und zu behandeln. Ansonsten wären massive Fehlentwicklungen die Folge.
>> Wie erkenne ich eine Unterfunktion? Was sind die Symptome einer Schilddrüsenüberfunktion?
Dr. Wolfgang Köhler: Eine Unterfunktion ist nicht so leicht festzustellen, weil es keine klassischen Symptome gibt bzw. die Anzeichen sehr unspezifisch sind:
• Müdigkeit und Frieren
• Gewichtszunahme aus unerklärlichen Gründen
• verlangsamte Verdauung und Verstopfung
• Niedergeschlagenheit bis hin zu depressiven Verstimmungen
• schlechte Haut, Wassereinlagerungen
• unerfüllter Kinderwunsch & Unfruchtbarkeit
Das bedeutet für die Patienten daher oft einen längeren Leidensweg. Und teilweise können diese Symptome auch bei Nebennierenproblematiken auftreten oder bei verschiedener Mikronährstoffmängel. Umgekehrt wiederum werden Schilddrüsenfehlfunktionen diagnostiziert, weil zum Beispiel ein massiver Mikronährstoffmangel vorliegt.
„Wichtig ist daher ein möglichst breiter Check, bei dem der Arzt auch links und rechts blickt. Daher sollten neben den Schilddrüsenwerten auch Mikronährstoffe wie zum Beispiel Vitamin D und die Eisenversorgung im Körper analysiert werden.“
>> Welche Untersuchungen werden gemacht, um eine Unterfunktion der Schilddrüse festzustellen?
Dr. Wolfgang Köhler: Im ersten Schritt wird eine Blutuntersuchung durchgeführt. Der TSH Wert lässt Rückschlüsse auf eine Unterfunktion zu. Ist er zu niedrig, kann eine Störung von Hypothalamus (unsere „Schaltzentrale“) oder Hypophyse (Hirnanhangdrüse) vorliegen. Ist der TSH Wert erhöht, arbeitet das Schilddrüsengewebe nicht richtig. Außerdem sollten die Schilddrüsenhormone T3 und T4 untersucht werden. Werden Schilddrüsenantikörper festgestellt, könnte das ein Hinweis auf die chronische Schilddrüsenentzündung Hashimoto-Thyreoiditis sein.
Im zweiten Schritt kann ein Ultraschall Hinweise auf eine mögliche Fehlfunktion durch eine Entzündung der Schilddrüse geben, wenn die Schilddrüse am Bild dunkel erscheint. Eine Szintigrafie kommt bei einem festgestellten Schilddrüsenknoten zum Einsatz: Hierbei bekommt der Patient eine geringe Menge schwach radioaktive Substanz.
Mehr Infos zur Schilddrüsenuntersuchung und welche Werte dabei genau gecheckt werden: Hier weiterlesen.
>> Wie kann eine Schilddrüsenunterfunktion behandeln?
Dr. Wolfgang Köhler: Die Form der Behandlung ist von der Stärke der Unterfunktion abhängig: Bei einer starken Unterfunktion ist eine hormonelle Behandlung jedenfalls erforderlich. Patienten haben dabei oft Angst vor einer Hormoneinnahme, da sie diese mit einem erhöhten Krebsrisiko in Verbindung bringen. Das gilt allerdings nicht für Schilddrüsenhormone. Das Um und Auf ist auch die richtige Dosierung bzw. das Herantasten an eine gute Einstellung.
Bei leichten Formen einer Unterfunktion kann man durch eine Einnahme von Mikronährstoffen gute Ergebnisse erzielen. Hierbei kommen vor allem Jod, Selen, Kupfer, Zink und Vitamin D zum Einsatz.
Genau darum ist es so wichtig, eine leichte Unterfunktion frühzeitig zu erkennen und richtig zu behandeln. Dann ist sie auch heilbar. Bei einer ausgeprägten Unterfunktion kommt man einer hormonellen Behandlung nicht mehr aus.
>> Schilddrüsenunterfunktion und Kinderwunsch: Gibt es da einen Zusammenhang?
Dr. Wolfgang Köhler: Schilddrüsen- und Sexualhormone (wie beispielsweise Östrogen) stehen in enger Verbindung und beeinflussen sich. Wenn die Schilddrüsenhormone nicht im Gleichgewicht sind, kann das auch Auswirkungen auf den weiblichen Zyklus haben und somit ein häufiger Grund für eine Unfruchtbarkeit sein. Auch hier ist es wieder wichtig, dass der behandelnde Arzt in alle Richtungen denkt und umfassende Untersuchungen durchführt.
Wie Frauen mit einem Kinderwunsch ihren Körper generell bestmöglich unterstützen können: Hier weiterlesen.
>> Tipp: Was kann ich generell tun, um meine Schilddrüse zu unterstützen?
Dr. Wolfgang Köhler: Ganz wichtig ist die Vermeidung von Stress. Denn andauernde Stressbelastung ist extrem schlecht für die Schilddrüse, da sie ein stresssensibles Organ ist. Auch die Ernährung spielt hier eine wichtige Rolle. Jod- und selenhaltige Speisen sollten regelmäßig gegessen werden (Meeresfische, Paranüsse), eine glutenarme bzw. glutenfreie Ernährung ist sowieso empfehlenswert.